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4. Dezember 2024 | Thorsten Greiten

Interview mit Johannes Buerkle, Investor Relations Officer (CIRO) von SAP SE zum aktuellen IR Benchmark

Beitrag: Interview mit Johannes Buerkle, Investor Relations Officer (CIRO) von SAP SE zum aktuellen IR Benchmark

Thorsten: Lieber Johannes Buerkle, schön, dass wir hier Zeit finden, miteinander zu sprechen.

Johannes, SAP belegt im Ranking im IR Benchmark  erstmals den ersten Platz. Gratulation und herzlichen Glückwunsch! Im Vergleich zum Vorjahr, in dem SAP auf Platz 4 war, habt Ihr eine beachtliche Verbesserung erzielt. Was waren die wichtigsten Optimierungen und Neuerungen, die zu diesem Erfolg geführt haben?

Johannes Buerkle: Danke Thorsten für die Überbringung der guten Nachrichten. Wir freuen uns natürlich außerordentlich über das Ergebnis und sehen, dass die kontinuierliche Weiterentwicklung Früchte trägt. Vorausschicken möchte ich, dass wir bei jeder Änderung und Optimierung den Benutzer an erste Stelle setzen. Wir haben dabei die professionellen Anleger im Blick, die genau wissen, was sie brauchen, aber auch Privatanleger oder ganz neue Besucher, die zum ersten Mal auf unsere Seite kommen. So wollen wir durch eine schnell zu erfassende Navigation den Profis die gewünschte Geschwindigkeit bieten und zum anderen den Benutzern, die die SAP erst kennenlernen wollen, genügend Inhalte bieten, um tiefer eintauchen zu können.

Maßgeblich verändert haben wir den ganzen Komplex rund um die Equity-Story.

Thorsten: Genau, Euer als Microsite angelegter Investorenbereich erzielte in allen Kategorien hervorragende Ergebnisse. Aber besonders die umfangreiche Investment- oder Equity Story ist uns positiv aufgefallen. Welche Schritte habt Ihr unternommen, um diese weiterzuentwickeln?

Johannes Buerkle: Da gibt es zum einen das Factsheet, welches wir früher als PDF zum Download angeboten haben. Dieses wurde durch eine dynamische HTML-Seite ersetzt und alle wichtigen KPIs sind dort als interaktive Charts mit Historie abgebildet. Neben den KPIs stehen auch Erklärungen, was sie bedeuten und es gibt weiterführende Links zu tieferen Inhalten. Zusätzlich haben wir immer die aktuelle Quartalsmitteilung als Full-HTML inklusive Tabellen, Aufzeichnungen von Presseinterviews der Vorstände und allen Dokumenten aufgebaut. Diese Seite steht beim Traffic aktuell an Platz 3 unserer kompletten Sitemap. Als letztes haben wir begonnen, lange Textpassagen und erklärende Inhalte mittels einer „digitalen Assistentin“ nach und nach als Video anzubieten. Hier lernen wir noch, wie wir die Schriftsprache persönlicher machen können und optimieren die Videos ständig weiter.

Thorsten: Ihr habt ja einiges an interaktiven Inhalten und Videos umgesetzt. Wie schafft ihr es, gerade Finanzkennzahlen, die eher als trocken gelten, so aufzubereiten, dass sie auch für ein breiteres Publikum interessant werden?

Johannes Buerkle: Dieser Herausforderung müssen sich alle IR-Profis stellen. Wir als Unternehmen mit B2B-Geschäft und abstrakten Produkten haben es da vielleicht auch etwas schwerer als Häuser, die konsumentenorientierter sind. Was uns bei IR treibt ist, dass vor allem der Wertschöpfungsaspekt der SAP verstanden wird. Wie generieren wir Umsätze, wo entstehen Kosten und welche Hebel wirken da. Natürlich muss man auch über Produkte sprechen, zumindest die Blockbuster. Aber das können die Kollegen aus Marketing besser. Die Aufgabe von IR ist es, die Unternehmensstrategie verständlich zu machen, welche Märkte und Größenordnungen damit erreicht werden sollen, wie die Margen aussehen und welche Ziele man sich setzt. Mit den Avatar-Videos sehen wir ganz neue Möglichkeiten entstehen, da diese auch hervorragend über unseren LinkedIn-Kanal geteilt werden können. Social Media hilft uns, die Tür zu den tieferen Inhalten in der IR-Webseite zu öffnen und vollkommen neue Stakeholdergruppen anzusprechen.

Thorsten: Habt Ihr Feedback von Investoren erhalten, dass Eure digitale IR-Strategie sie in ihrer Investment-Entscheidung beeinflusst oder bestätigt hat?

Johannes Buerkle: Das wäre zu schön. Aber leider nein, diese Information bekommen wir tatsächlich nicht. Es ist vielmehr eine Bestätigung unserer Arbeit, wenn die Anzahl von Anrufen mit generischen Fragen abnimmt. Wir führen auch gerne Gespräche mit Investoren und leiten Sie dabei auf der Webseite zu den Inhalten, die sie interessieren. Da ist das Feedback dann schon sehr gut.

Thorsten: Ein neues Thema, das wir in unserem aktuellen IR Benchmark berücksichtigen, ist das Thema Barrierefreiheit. Auch in dieser Disziplin gehört Ihr zu den besten Unternehmen. Welche Maßnahmen habt Ihr veranlasst, um die IR-Website möglichst barrierefrei zu halten?

Johannes Buerkle: Wir haben bei SAP den Luxus, dass unser Corporate Web-Team Aspekte der Barrierefreiheit von Anfang an vorgibt. Es finden auch regelmäßig automatisierte Prüfungen statt und wir werden auf Schwachstellen hingewiesen. Dabei geht es viel um Metainformation hinter der Seite und z.B. Alt-Texte bei den Bildern, verpflichtende Untertitel unter Videos oder auch richtige Kontraste von Farben. In der Hinsicht habe ich in den letzten beiden Jahren auch viel dazugelernt.

Thorsten: Du hast eben schon die neue digitale Assistentin angeschnitten. Ihr verwendet auf Eurer Website KI-generierte Videos mit Eurem Avatar Ada, um verschiedene Themen zu präsentieren. Wie kam es zu dieser Entscheidung und welche Informationen bietet Ada?

Johannes Buerkle: Wir kamen durch einen Workshop mit Kollegen aus dem digitalen Sales zur Plattform Synthesia. Diese stellt eine Vielzahl von Avataren und Sprachen zur Verfügung. Erste Tests waren so vielversprechend, dass wir begonnen haben, Erzähl- und Erklärinhalte als Avatar-Videos anzubieten. Dabei haben wir uns zuerst die Equity-Story vorgenommen. Längere Texte lassen wir jetzt von Ada sprechen und reichern diese mit Grafiken und Footage an. Das ist sehr niedrigschwellig konsumierbar und kann besonders komplexe Sachverhalte gut darstellen. Sehr ähnlich zu einer Präsentation auf der Bühne. Es gibt auch ein kleines Screen-Demo Video, in dem Ada erklärt, wie unser Aktienchart-Tool funktioniert.

Wir sind noch in der Lernphase und gerade dabei die nächste Version der Videos zu generieren. Dabei wurde auf die Verbesserung der Bildsequenzen geachtet, es gibt mehr Schnitte, einfachere Texte und eine persönlichere Ansprache. Großartig ist, dass wir das mit wenigen Handgriffen und in ein paar Stunden selbst erstellen können.

Thorsten: Nicht nur mit eurem Avatar Ada setzt ihr neue Maßstäbe – auch in Sachen Social Media hebt ihr euch ab: Ihr seid eines von nur fünf Unternehmen, die einen eigenständigen IR-LinkedIn-Kanal betreiben. Wie sind Eure bisherigen Erfahrungen damit?

Johannes Buerkle: Der LinkedIn-Kanal wurde im Januar 2024 als Ablösung zum bisherigen X-Auftritt gestartet. Wir sind mit der Entwicklung sehr zufrieden und kratzen gerade an der Schwelle von 4.000 Followern. Unsere Vorstände nutzen ihre Reichweite, um die Inhalte unseres Kanals weiterzuverbreiten und wir haben eine klare Veröffentlichungskaskade für unseren Content mit den anderen SAP-Kanälen abgestimmt. Die Entwicklung der Posts hat von uns eine neue Denkweise verlangt. Sie sollen schnell zu erfassen sein und interessante Aspekte mit Mehrwert liefern. Social Media ist für uns aber primär ein Trigger für den Inhalt der IR-Webseite. Daher ist es wichtig, dass Posts visuell und sprachlich aus der Masse hervorstechen. Sie sollen Lust auf den Absprung zum tieferen Content machen, Wir können darüber bereits einen Anstieg beim Website-Traffic sehen. Der Austausch mit den Kollegen aus den anderen Häusern ist ausgezeichnet. Es hat sich bereits eine erste kleine Community gebildet, die sich regelmäßig austauscht. Wir lernen alle voneinander und entwickeln uns gemeinsam weiter.

Thorsten: Wo wir beim Thema Social Media sind: welche Rolle spielen Finfluencer bei der Verbreitung Eurer IR-Inhalte, und wie bindet Ihr sie strategisch in Eure Kommunikation ein? Werden Eure Retail-Investoren im Durchschnitt jünger?

Johannes Buerkle: Wir sind auch hier noch am Anfang der Reise. Die Finfluencer-Ansprache ist erst in diesem Jahr so richtig ins Rollen gekommen. Auslösend waren die Studien diverser Universitäten und der Austausch erster Erfahrungen mit Kollegen. Wir konnten einen sehr erfolgreichen Community-Event im September in Walldorf abhalten und die beiden Finfluencer Jonathan Neuscheler und Lisa Osada haben eine geschätzte Reichweite von 50.000 Individuen generiert. Durch diese Kooperation kamen nun auch Folgetermine für Webcasts und Podcasts zustande, die wir zukünftig weiter ausbauen wollen. Da wir Inhaberaktien emittieren, können wir unser Aktionariat hinsichtlich Alter und Anzahl nicht messen. Eine verlässliche Aussage ist daher schwierig. Was wir allerdings sehen ist, dass die klassischen Kanäle über die Aktionärsschützer nicht mehr wachsen und die Reichweite begrenzt ist. Mit der Finfluencer-Kooperation erwarten wir uns einen deutlichen Schub in Richtung jüngerer Menschen und damit potenzieller neuer Anlegerschichten.

Thorsten: Mit Blick in die Glaskugel: Welche Herausforderungen erwartest Du in der IR-Kommunikation in den kommenden 12 Monaten?

Johannes Buerkle: Ich sehe aus unserer Sicht vor allem den Ausbau der Finfluencer-Relations als Schwerpunkt. Herausforderung will ich das aber nicht nennen. Die Makrolage ist deutlich kritischer, weil Unternehmen sich auf viele neue Gegebenheiten einstellen müssen. Das wird uns 2025 sicher intensiv beschäftigen.

Thorsten: Abschließend, auf welches digitale Tool möchtest Du in Zukunft nicht verzichten?

Johannes Buerkle: Privat wäre das meine Trainings-Software fürs Radfahren. Man lernt viel über sich und seinen Leistungszustand. Beruflich hilft mir aktuell das DeepL-Browser-Plugin maßgeblich weiter. Updates in der Webseite sind damit wesentlich schneller erledigt und das hilft, alles immer höchst aktuell zu halten. Das zahlt dann auch wieder auf die Ergebnisse beim IR-Benchmark ein 😉

Thorsten: Vielen Dank, Johannes, für die aufschlussreichen und detaillierten Einblicke in Eure IR-Strategien und Maßnahmen. Dieser Austausch bietet sicher wertvolle Anregungen für die gesamte IR-Community. Wir wünschen Euch weiterhin viel Erfolg bei Euren innovativen Ansätzen und freuen uns auf weitere Erfolge in der Zukunft.

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