CSRD und die Konsequenzen für Nachhaltigkeitskommunikation
Editorial
"Greenwashing" wird von einem kritischen Publikum längst durchschaut. Die umfassenden CSRD-Regularien führen aktuell offenbar zum Gegenteil: zu “Greenhushing”. Die Benchmark-Resultate zeigen, dass Unternehmen immer weniger Kennzahlen zur Nachhaltigkeit veröffentlichen. Es geht hier um mehr als ethische Verantwortung. Dass Unternehmen klar und verifizierbar darlegen, wie sie ihre ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Ziele definieren, verfolgen und erreichen, ist zugleich eine Chance, Vertrauen und Glaubwürdigkeit bei einem breiten Spektrum von Stakeholdern zu stärken.
Auch mit CSRD: Die Hauptaufgabe der Nachhaltigkeitskommunikation bleibt weiterhin, die wichtigsten Informationen zum Nachhaltigkeitsfortschritt anschaulich und verständlich darzustellen. Hier lohnt sich ein Blick über die Abteilungsgrenzen hinweg: Ein Trend, der sich im IR-Bereich abzeichnet, ist die digitale Aufbereitung von Factsheets zum Nachhaltigkeitsbericht auf der Website. So können die wichtigsten CR-Fakten einer breiten Zielgruppe präsentiert werden. Gleichzeitig ist der Bericht maschinenlesbar und suchmaschinenoptimiert, größere Reichweite und Effektivität sind der Zugewinn.
Für ein effektives Stakeholder-Engagement ist es hilfreich, wenn die unterschiedlichen Erwartungen und Informationsbedürfnisse verschiedenster Gruppen angemessen berücksichtigt werden. Die Nachhaltigkeitskommunikation findet idealerweise eine Balance, um all diese Gruppen anzusprechen und gleichzeitig konsistente und kohärente Botschaften zu vermitteln. Sie deckt eine Vielfalt an Themen der Unternehmensverantwortung ab, von digitaler Inklusion und Biodiversität bis hin zur Bedeutung von künstlicher Intelligenz und digitaler Ethik. Auch wenn die Verantwortlichkeiten für diese Themen nicht bei der Corporate Responsibility liegen, ist es optimal, wenn sie auf den Nachhaltigkeitsseiten – und sei es durch Verlinkungen auf andere Website-Bereiche - präsent sind.
Nachhaltigkeit, Geschäftserfolg und Digitalisierung
Unternehmen sehen Nachhaltigkeit und Digitalisierung nicht nur als Weg, um positive soziale und ökologische Auswirkungen zu erzielen, sondern auch, um effektiver und erfolgreicher zu werden. Die meisten Unternehmen stellen auf ihren Nachhaltigkeitsseiten eine Verbindung zwischen Digitalisierung und Nachhaltigkeit her, was die Erkenntnis widerspiegelt, dass digitale Innovationen wesentlich zur Erreichung von Nachhaltigkeitszielen beitragen können. Gleichzeitig sehen wir, dass die große Mehrheit der Unternehmen ihre Nachhaltigkeitsbemühungen auch in Zusammenhang mit ihrem Geschäftserfolg sieht. Unternehmensgrundsätze und Leitlinien werden im Nachhaltigkeitsbereich nicht flächendeckend kommuniziert; hier ist, wie auch in anderen Website-Bereichen, der Rückzug aus der politischen Positionierung zu beklagen. Bemerkenswert ist, dass Unternehmen, die sich politisch positionieren, häufig auch den Themenkomplex Interessenvertretung/ Gesellschaftspolitik in die Hauptnavigation der Corporate Website einbinden. Bei einem Viertel der untersuchten Unternehmen ist das der Fall1.
1 Dieses Kriterium ist nicht in die CR Benchmark-Bewertung eingeflossen.
Digitalethik und Corporate Digital Responsibility (CDR)
Der bewusste und verantwortungsvolle Einsatz von KI und digitaler Innovation wird zunehmend zum CR-Thema. Die Notwendigkeit, ethische Standards und soziale Verantwortung in diesem Zusammenhang zu kommunizieren, sehen immer mehr CR-Abteilungen. Hier sehen wir die positive Entwicklung, dass mehr als die Hälfte der Unternehmen inzwischen im Nachhaltigkeitsbereich auf digitale Ethik eingeht. Dieser Trend weist deutlich auf die Komplexität des Themas hin. Leitlinien zum Umgang mit KI finden wir nach wie vor nur auf wenigen Seiten.
Corporate Responsibility: Mitarbeitende im Mittelpunkt
Die Nachhaltigkeitskommunikation fokussiert auf Belange und Bedürfnisse von Mitarbeitenden. Gesundheitsschutz und Arbeitsschutz sind in den meisten Nachhaltigkeitsbereichen zentrale Themen, ebenso wie das soziale Engagement von Mitarbeitenden. Unternehmen wollen komplexe Themen nicht nur transparent, sondern auch verständlich, erlebbar und menschlich darstellen. Das zeigt der zunehmende Einsatz von Testimonials, der gleichzeitig positiv auf die Faktoren Authentizität und Glaubwürdigkeit einzahlt. Unsere Studie zeigt allerdings aktuell, dass die Förderung von Bildung oder wissenschaftlichen Projekten deutlich seltener thematisiert wird. Auch das kulturelle Engagement zeigt sich leicht rückläufig.
Trendthemen: Diversität und Inklusion
Das Trendthema ‘Diversity’ hat seinen Sättigungspunkt erreicht, seit dem Jahr 2021 gehen fast alle Unternehmen im CR-Bereich auf das Thema ein, es setzt inzwischen eine leicht rückläufige Entwicklung ein. Das Thema ‘Inklusion’ hingegen gewinnt seit zwei Jahren noch an Bedeutung hinzu. Genderneutrale Sprache ist im Responsibility-Bereich inzwischen zum Standard geworden.
Digitale Berichterstattung:
Trends und Entwicklungen
Nachhaltigkeitsthemen haben auf den Corporate Websites noch einmal mehr Schub bekommen: Inzwischen veröffentlicht mehr als die Hälfte der Unternehmen eigene CR-News. Auf fast allen Corporate Websites hat die Corporate Responsibility einen stabil hohen Stellenwert: CR-Themen werden zentral auf der Startseite positioniert.
Bei knapp zwei Drittel der Websites ist Nachhaltigkeit als eigenständiger Hauptnavigationspunkt in der ersten Ebene der Website abgebildet1.
1 Dieses Kriterium ist nicht in die CR Benchmark-Bewertung eingeflossen.
Bei über einem Drittel ist das Thema CR als Teil der Subnavigation unter Über uns/ Unternehmen verankert. Zwei der von uns untersuchten Unternehmen kommunizieren CR-Themen über eine Microsite.
Nachhaltigkeitsberichterstattung wird allmählich digitaler. Seit drei Jahren sehen wir einen langsamen, aber stetigen Aufstieg des Online-Reports. Eigenständige CR-Blogs und Magazine sowie CR-Newsletter sind aktuell leicht rückläufig und werden von nur wenigen Unternehmen unterhalten. Unverständlich bleibt nach wie vor, dass die meisten Unternehmen weder Wertschöpfungskette noch Lieferkette auf der Website vorstellen – in unseren Augen eine vertane Chance.
Achtung Diversity Washing: Inklusion ja, Barrierefreiheit nein
Ein weiterer kritischer Aspekt, der Aufmerksamkeit verdient, ist die Barrierefreiheit von CR-Berichten und Nachhaltigkeitsseiten. Obwohl – wie wir gesehen haben – die meisten Unternehmen Inklusion als Aushängeschild ihrer Corporate Responsibility nutzen, zeigen unsere Studienergebnisse, dass nur wenige Unternehmen ihre Online-Präsenz konsequent barrierefrei gestalten. Hier wird Inklusion digital nicht gelebt: deutliche Mängel bei der digitalen Zugänglichkeit sind eine verpasste Gelegenheit, CR-Informationen allen Stakeholdern zugänglich zu machen. Mit Blick auf das Jahr 2025 und das neu in Kraft tretende Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BSFG) sehen wir bezüglich der Zugänglichkeit von Websites viel Potenzial. Barrierefreiheit verschafft viele Vorteile, nicht nur in punkto Usability. Für ausführliche Informationen zur digitalen Barrierefreiheit lesen Sie hier weiter.
Auch im Bereich CO2-Optimierung gibt es für die Corporate Websites noch Nachholbedarf, denn die CO2-Produktion liegt bei mehr als 60 Prozent der Nachhaltigkeitsseiten noch nicht im grünen Bereich.
Rückläufiger Trend bei Kennzahlen
Auch die Kennzahlen zur Inklusion bleiben drei Viertel der Unternehmen auf ihren Nachhaltigkeitsseiten schuldig. Damit liegen sie ganz im Negativ-Trend. Denn auffällig ist, dass die Darstellung ökologischer und sozialer Kennzahlen auf Unternehmenswebseiten seit mehreren Jahren deutlich rückläufig ist. So geben in 2024 bemerkenswerte 12 Prozent weniger Unternehmen ihre Kennzahlen zu Treibhausgasemissionen an. Diese Entwicklung könnte auf die zunehmende Komplexität der Anforderungen im Bereich CR-Reporting und die dadurch entstehende Unsicherheit zurückzuführen sein. Gerade vor dem Hintergrund der zunehmenden Dringlichkeit von Klimaschutzmaßnahmen ist das Greenhushing, also das Verschweigen wichtiger ökologischer Kennzahlen, aber absurd. Ebenso ist es angesichts der werblichen Positionierung zu Themen wie Vielfalt und Inklusion zwingend notwendig, entsprechende Aussagen mit Fakten zu unterfüttern. Die Herausforderung für Unternehmen liegt weiterhin darin, eine Balance zu finden zwischen der Erfüllung regulatorischer Anforderungen und der Bereitstellung klarer, verständlicher Informationen für ein breites Publikum.
Visualisierung und Interaktivität
Zu der rückläufigen Entwicklung bei den Kennzahlen passt auch, dass die Art und Weise, wie Unternehmen Fakten und Kennzahlen präsentieren, seit mittlerweile drei Jahren stagniert. Nur ein Viertel der Corporate Websites nutzt im Nachhaltigkeitsbereich interaktive Kennzahlentools. Ganz wenige Unternehmen machen bislang von der Möglichkeit Gebrauch, Daten im Mehrjahresvergleich zu visualisieren. Immerhin geben inzwischen mehr als die Hälfte der Unternehmen Informationen zum Zielerreichungsgrad in Bezug auf die Nachhaltigkeitsziele. Insgesamt wird aber das Bestreben, Transparenz nicht nur durch die Bereitstellung von Informationen, sondern auch durch deren aufbereitete und benutzerfreundliche Darstellung zu fördern, bislang kaum sichtbar.
Die Top 5 Unternehmen des CR Benchmarks
Die REWE Group sichert sich mit 766 Punkten zum dritten Mal den ersten Platz, dicht gefolgt von der Deutschen Telekom mit 765 Punkten. Merck verbessert sich um einen Platz auf Platz 3 und Mercedes-Benz verbleibt auf dem fünften Platz. Die Deutsche Bahn steigt rasant um sieben Plätze auf und rangiert jetzt auf Platz 6.
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